Fraunhofer. Das Magazin 4.20 - 63 Das Gewinner-Trio (v.l.): Dr. Sergiy Yulin, Fraunhofer IOF, Dr. Peter Kürz, ZEISS, und Dr. Michael Kösters, TRUMPF. © alle Fotos: Deutscher Zukunftspreis/Ansgar Pudenz Forschung extrem« hatte dieses Magazin im Oktober sein Porträt des Fraunhofer-Forschers Dr. Sergiy Yulin übertitelt. Freude extrem konnten am 25. November Fernsehzuschauer im ZDF beobachten. Bundespräsident Frank-Walter Steinmei- er überreichte vor laufenden Kameras den mit 250 000 Euro dotierten Deutschen Zukunftspreis an den Wissenschaftler vom Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinme- chanik IOF in Jena und seine Forscher-Kollegen Dr. Peter Kürz von ZEISS und Dr. Michael Kösters von TRUMPF. Es ist das neunte Mal (s. unten), dass Fraunhofer- Forschende diesen einzigen Preis des Bundespräsidenten gewinnen konnten – angefangen im Jahr 2000, als Karlheinz Brandenburg, Bernhard Grill und Harald Popp den Deutschen Zukunftspreis für ihre »MP3-Komprimierung von Audiosig- nalen in Hifi-Qualität« erhielten. Bei der 24. Preisverleihung wird wieder eine Technologie gewürdigt, die das Zeug hat, den Alltag der Menschen grundlegend zu verändern – und zu verbessern. Das prämierte Verfahren zur Chipfertigung wird Mikrochips kleiner machen und leistungsfähiger, energiesparender und günstiger in den Herstellungskosten. Das Potenzial beschrieb Fraunhofer-Präsident Prof. Reimund Neugebauer in seiner Gratulation deutlich: »Sie haben mit der EUV-Lithographie eine Technologie entwickelt, die weltweit für einen Digitalisierungsschub sorgen wird und damit auch den Grundstein für weitere Innovationen legt.« Die ersten Smartphones mit EUV-lithographisch hergestellten Mikrochips sind seit 2019 auf dem Markt. Das Forschungsresultat ist winzig, der Aufwand gigan- tisch. Die optische Lithographie, seit mehr als 40 Jahren Schlüsseltechnologie für die Fertigung von Mikrochips, stößt immer mehr an ihre Grenzen. Mit der EUV-Lithographie öff- nen Fraun hofer, ZEISS und TRUMPF das Tor zur Zukunft wie- der weit – hin zu neuen Möglichkeiten der Digitalisierung, zu künstlicher Intelligenz, autonomem Fahren und Industrie 4.0. Heute lassen sich auf einem Chip, klein wie ein Fingernagel, mehr als zehn Milliarden Transistoren unterbringen. Dafür überwanden die Forschenden die Grenzen des bisher Mach- baren. Erst eine Reihe von Rekorden brachte den Durchbruch zur Serienreife für die EUV-Lithographie. Der weltstärkste gepulste Industrielaser, entwickelt von der TRUMPF AG, entzündet – um das extrem ultraviolette Licht zu erzeugen – pro Sekunde in einer Plasmaquelle 50 000 Zinntröpfchen auf 220 000 Grad Celsius: 40 Mal heißer als die Sonnen- oberfläche. Die Strahlung lenken hochpräzise Kollektorspiegel und Projektionsoptiken, hergestellt bei der ZEISS AG, auf die Lithographie-Masken. Die atomare Präzision und den hohen Reflexionsgrad der Spiegel ermöglicht die Beschichtungstechnologie von Fraunhofer-Forscher Yulin. »Wir bringen«, erklärt er, »in unserer Beschichtungsanlage 100 Nanoschichten, die exakt die gleiche Dicke haben müssen, auf ein Spiegelsubstrat auf.« Erst ein Vergleich gibt eine Ahnung von der Präzision: Würde man diesen Spiegel auf die Größe Deutschlands ausbreiten, läge die größte Unebenheit bei 0,1 Millimeter. Neben dem Fraunhofer IOF in Jena forschen seit vielen Jahren auch das Fraunhofer IWS in Dresden und das Fraunhofer ILT in Aachen an Beschichtungen und EUV-Strahlenquellen. Die perfekte Schichtzusammensetzung für Spiegeloptiken ist das Lebensthema des Sergiy Yulin. Sein Weg zur EUV-Litho- graphie und damit jetzt zum Deutschen Zukunftspreis begann für ihn 1988, während des Studiums in seiner Heimat, der Ukraine. Schon seine Diplomarbeit schrieb er zum Thema. »30 Jahre Forschung sind für eine Technologie dieser Komplexität gar nicht so ungewöhnlich«, winkt er ab. Und er fügt hinzu: »Was mich an der Arbeit mit extrem kurzen Wellenlängen immer fasziniert hat, ist ihr riesiges Anwendungspotenzial. Das muss man einfach nutzen.« Wie formulierte es Bundes- präsident Frank-Walter Steinmeier am Abend der Preisverlei- hung: »Es sind herausragende Menschen, die aus ihren Ideen Projekte, aus Projekten Produkte geformt haben.« »Es sind herausragende Menschen, die aus ihren Ideen Projekte, aus Projekten Produkte geformt haben.« Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier »30 Jahre Forschung sind für eine Technologie dieser Komplexität gar nicht so ungewöhnlich«, sagt Dr. Sergiy Yulin, Fraunhofer IOF. »Organische Elektronik – mehr Licht und Energie aus hauchdünnen Molekülschichten« Karl Leo (Sprecher), Jan Blochwitz-Nimoth, Martin Pfeiffer, Technische Universität/Fraunhofer- Institut für Photonische Mikrosysteme IPMS, Dresden, Novaled AG, Dresden, Heliatek GmbH, Dresden »Binaurale Hörgeräte – räumliches Hören für alle« Birger Kollmeier (Sprecher), Volker Hohmann, Torsten Niederdränk, Carl von Ossietzky Universität Oldenburg/ Fraunhofer- Institut für Digitale Medientechnologie IDMT, Ilmenau, Siemens AG, München 1 1 0 2 2 1 0 2 3 1 0 2 »Ultrakurzpulslaser für die industrielle Massen- fertigung – produzieren mit Lichtblitzen« Jens König (Sprecher, Bosch), Stefan Nolte, Dirk Sutter, Robert Bosch GmbH mit dem Entwicklungszen- trum Schwieberdingen, Friedrich-Schiller-Universität Jena, Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, Jena, TRUMPF Laser GmbH + Co. KG, Schramberg 4 1 0 2 »Lebensmittelzutaten aus Lupinen – Beitrag zu ausgewogener Ernäh- rung und verbesserter Proteinversorgung« Stephanie Mittermaier (Sprecherin), Peter Eisner und Katrin Petersen (Pro- lupin GmbH, Grimmen) und Fraunhofer-Institut für Verfahrenstechnik und Verpackung IVV, Freising »EUV-Lithographie – neues Licht für das digitale Zeitalter« Dr. Peter Kürz (Sprecher), Dr. Michael Kösters, Dr. Sergiy Yulin, Carl Zeiss SMT GmbH, Oberkochen, TRUMPF Lasersystems for Semiconductors Manufac- turing GmbH, Ditzingen, Fraunhofer-Institut für Angewandte Optik und Feinmechanik IOF, Jena 0 2 0 2 zurück zu Seite 1